Wissenschaft trifft umweltpolitische Top-Themen
Förderpreis Wissenschaft wird in München an Dr. Cynthia Tobisch und Lara Witte verliehen
München, 27.3.2025. Die Landschaftsarchitektin und -planerin Dr. Cynthia Tobisch und die Agrarwissenschaftlerin Lara Witte erhalten heute Abend die diesjährigen Förderpreise Wissenschaft der Gregor Louisoder Umweltstiftung. Mit ihren Studien zu den Auswirkungen von Landnutzung und Klimawandel auf die biologische Vielfalt sowie den Ursachen für die hohen Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten werden zwei aktuelle Brennpunktthemen des Umwelt- und Klimaschutzes auf hohem wissenschaftlichen Niveau behandelt – „methodisch innovativ und theoretisch anspruchsvoll“, so die Jury in ihrer Begründung, „zugleich praxisrelevant und von erkennbar großem persönlichem Engagement der beiden jungen Wissenschaftlerinnen getragen“.
Zahlreiche Studien aus vielen Teilen der Welt belegen den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt – auch in Deutschland. Als wesentliche Treiber des Artensterbens haben sich Veränderungen des Klimas und der Landnutzung erwiesen. Beides geschieht jedoch gleichzeitig, so dass die Effekte meist schwer voneinander zu trennen sind. Diese Problematik wurde von Dr. Cynthia Tobisch untersucht, die für ihre 2023 an der Technischen Universität München (TUM) erstellte landschaftsökologische Dissertation einen der beiden Förderpreise erhielt. Der Titel der Studie lautet: „The significance of vegetation for anthropod communities along gradients of climate and land use“ (dt.: „Die Bedeutung der Vegetation für Anthropodengemeinschaften im Klima- und Landnutzungsgradienten“).
In einer bayernweiten Feldstudie wurden umfangreiche Daten zu Pflanzen und Anthropoden erhoben. Die Flächen verteilten sich über vier verschiedene Nutzungstypen (Wald, Grünland, Acker, Siedlung) und bilden somit ein breites Spektrum an Lebensräumen mitteleuropäischer Kulturlandschaften ab. Auf dieser Basis konnten durch Anwendung moderner Methoden der DNA-Sequenzierung die unabhängigen und kombinierten Effekte von Klima und Landnutzung auf Vegetation und Fauna untersucht werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass Effekte der Landnutzung sich stärker auf die Biodiversität auswirken als klimatische Faktoren. Die Arbeit macht zudem deutlich, dass ein auf Schutzgebiete beschränkter Naturschutz den Verlust der Artenvielfalt in der modernen Kulturlandschaft nicht aufhalten kann. Neben den klassischen Objekten des Arten- und Biotopschutzes werden bewirtschaftete Wälder, Waldränder, Hecken, Grünland, Ackerränder und städtisches Grün als Lebensräume, Korridore und Pufferzonen für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten benötigt. Die Promotion beschäftigt sich mit der Vegetation dieser wenig beachteten Ökosysteme. Aus den Ergebnissen werden Empfehlungen für die gezielte Optimierung der grünen Infrastruktur durch Wald- und Landschaftspflege, Agrarumweltmaßnahmen und Grünflächengestaltung abgeleitet. Die Studie leistet, so die Jury in ihrer Begründung, „einen richtungsweisenden Beitrag zum besseren Verständnis der komplexen Ursachen des Insektensterbens und entwickelt zugleich Ansätze für Erfolgskontrolle und Honorierung von Naturschutzmaßnahmen“.
Einen weiteren Förderpreis erhielt Lara Witte für ihre 2022 an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eingereichte Masterarbeit „Lebensmittelabfallaufkommen in deutschen Haushalten: Eine empirische Untersuchung“. Das Lebensmittelsystem ist für rund ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Neben der Frage, welche Art von Lebensmittel wir zu uns nehmen (pflanzliche oder tierische) und wie diese produziert werden (ökologisch oder konventionell/intensiv), kann die Reduzierung von Lebensmittelabfällen einen entscheidenden Beitrag zur Verringerung klimaschädlicher Emissionen leisten. Denn weltweit gehen rund ein Drittel der für den menschlichen Verzehr produzierten Lebensmittel verloren bzw. werden verschwendet. In Deutschland fallen laut den aktuellsten Angaben des Statistischen Bundesamtes knapp elf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an, ein Großteil davon (58 Prozent) in privaten Haushalten. Jeder Verbraucher und jede Verbraucherin wirft demnach etwa 76 Kilogramm Lebensmittel im Jahr weg. Die Vereinten Nationen haben daher 2015 im Rahmen ihrer Sustainable Development Goals die Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 zum Ziel gesetzt (SDG 12.3).
Vor diesem Hintergrund analysiert die Studie zwei repräsentative Datensätze aus den Jahren 2016/17 und 2020, die Aufschluss geben über die Entwicklung und das Zustandekommen von Lebensmittelabfällen in deutschen Haushalten, um somit eine Grundlage für die Einführung effektiver Präventionsmaßnahmen und -politiken zu schaffen. Sie untersucht Änderungen der Abfallmengen im Zeitverlauf sowie mögliche Gründe für diese Änderungen bzw. die Relevanz der verschiedenen Einflussfaktoren. Die statistische Auswertung der offiziellen Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (im Auftrag des BMEL) hat dabei Schwächen der bisherigen Erfassungsmethoden der GfK ergeben. Die dort erfassten soziodemographischen Merkmale hinterlassen eine erhebliche Erklärungslücke. Bislang nicht im Modell erfasste Faktoren, die zwischen Haushalten variieren (wie z. B. Werte und Interessen), könnten deshalb zum weiteren Verständnis der Lebensmittelabfälle beitragen. Auch könnte eine monatsbezogene (statt pauschal jahresbezogene) Erfassung die Streuung der Daten zusätzlich erklären.
Die Verfasserin entwickelte konkrete Textvorschläge, wie die Fragebögen / Tagebucheinträge der amtlichen Statistik aussagekräftiger gestaltet werden können, um möglichst viele Variablen zu erfassen, die zu einem Mehr oder Weniger von Lebensmittelverschwendung führen. Die Studie gibt, so die Jury in ihrer Begründung, „einen wichtigen wissenschaftlichen Impuls für ein besseres Verständnis der Ursachen von Lebensmittelverschwendung in privaten Haushalten sowie deren statistische Erfassung und schafft so die Grundlage für entsprechende politische Maßnahmen“.
Mit den in diesem Jahr zum 18. Mal vergebenen Förderpreisen Wissenschaft will die Louisoder Umweltstiftung Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ermutigen, ebenso praxisnah wie wissenschaftlich fundiert zentrale Themen des Umwelt- und Naturschutzes zu bearbeiten. „Gerade der Natur- und Umweltschutz braucht in Zukunft mehr denn je qualifizierte und engagierte Wissenschaftler:innen, die sich für eine nachhaltige und ökologische Entwicklung unserer Gesellschaft einsetzen“, so Claus Obermeier, Vorstand der Stiftung zur Preisverleihung. Diese Hoffnungen hätten die diesjährigen Preisträgerinnen in herausragender Weise erfüllt. Die Jury bestand auch dieses Jahr wieder aus Dr. Manuel Schneider (make sense) und Stiftungsmitarbeitern.
Ansprechpartner für Rückfragen:
Claus Obermeier (Vorstand, Mitglied der Jury):
claus.obermeier@umweltstiftung.com, Tel. 0151 27001817 .
Ansprechpartner für Bildmaterial der Preisverleihung (verfügbar ab 28.03.2025):
Andreas Abstreiter, andreas.abstreiter@umweltstiftung.com, Tel. mobil 0151-56437685

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